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Brentano, Lujo:
Ist das "System Brentano" zusammengebrochen? : Über Kathedersozialismus und alten und neuen Merkantilismus
Berlin : Reiß, 1918.

gefunden im Sachgebiet: Wirtschaft / Wirtschaftsgeschichte / Wirtschaftswissenschaft / Volkswirtschaft

Brentano war ein „Kathedersozialist“ – d. h. Reformist und Vertreter eines „Dritten Weges“ –, Gründungsmitglied des Vereins für Socialpolitik[4] und bedeutender Vertreter der Historischen Schule. Gleichwohl bediente er sich schon ansatzweise formaler Methoden. In seinen Schriften begründete er unter anderem, warum die Gewerkschaften und ihre Arbeitskampfmittel ein konstitutives Element der Marktwirtschaft seien; erst sie würden den Angebotszwang, unter denen Lohnarbeiter stünden, elastischer machen. Brentano setzte also im Gegensatz zu anderen „Kathedersozialisten“ weniger auf den Staat als Schutzinstanz der Arbeiterschaft, sondern vor allem auf das prinzipiell gleichberechtigte Gegenüber der Arbeitsmarktparteien beim Abschluss von Kollektivvereinbarungen; in diesem Sinne kann er als früher „Sozialliberaler“ verstanden werden. Brentano publizierte seit 1898 in unregelmäßigen Abständen Beiträge zur Sozial- und Wirtschaftspolitik in Theodor Barths Zeitschrift Die Nation und seit 1901 auch in Friedrich Naumanns Wochenblatt Die Hilfe. Obwohl er sich zunächst noch keiner politischen Partei anschloss, übte Brentano durch seine Publikationen, persönlichen Korrespondenzen und Auftritte als Gastredner bei Parteitagen maßgeblichen Einfluss auf die sozial- und wirtschaftspolitische Ausrichtung von Barths Freisinniger Vereinigung und Naumanns Nationalsozialen Verein aus. Zusammen mit Gerhart von Schulze-Gaevernitz hatte er auch entscheidenden Anteil am Beitritt der Nationalsozialen zur Freisinnigen Vereinigung; beide traten nach der erfolgreichen Fusion 1903 der Partei bei.[5] 1914 gehörte Brentano zu den Unterzeichnern des Manifests der 93, distanzierte sich aber später davon mit dem Argument, er habe den Text nicht gekannt. In der Bayerischen Räterepublik war er Wirtschaftsminister. Lujo Brentano starb am 9. September 1931 in München, wurde aber auf eigenen Wunsch in der Begräbnisstätte der Brentanos auf dem Altstadtfriedhof in Aschaffenburg beigesetzt. Nachwirkung Sein Einfluss auf die Soziale Marktwirtschaft und auch persönlich auf die führenden Politiker der Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland (Theodor Heuss war sein Student und Doktorand) ist nicht zu unterschätzen. Einer seiner Studierenden, der Japaner Fukuda Tokuzo (Familienname Fukuda, 1874–1930, ab 1898 dreijähriger Deutschlandaufenthalt, später Professor an der Handelshochschule Tokyo, der heutigen renommierten Hitotsubashi-Universität, sowie an der Keio gijuku Universität) brachte Teile seiner Lehre nach Japan, wandte sich gegen den Einfluss des Marxismus in den entstehenden Sozialwissenschaften und leistete sich in diesem Zusammenhang eine berühmte Theoriedebatte mit Kawakami Hajime über das Wesen des Kapitalismus. Brentanos Einfluss liegt aber mehr in seiner Funktion als Lehrer und Sozialreformer denn als Wirtschaftswissenschaftler. Seine im hohen Alter geschriebene Autobiographie (1931, s. u.) ist vielleicht sein bekanntestes Werk. 114 Seiten. ERSTAUSGABE.

Brentano war ein „Kathedersozialist“ – d. h. Reformist und Vertreter eines „Dritten Weges“ –, Gründungsmitglied des Vereins für Socialpolitik[4] und bedeutender Vertreter der Historischen Schule. Gleichwohl bediente er sich schon ansatzweise formaler Methoden. In seinen Schriften begründete er unter anderem, warum die Gewerkschaften und ihre Arbeitskampfmittel ein konstitutives Element der Marktwirtschaft seien; erst sie würden den Angebotszwang, unter denen Lohnarbeiter stünden, elastischer machen. Brentano setzte also im Gegensatz zu anderen „Kathedersozialisten“ weniger auf den Staat als Schutzinstanz der Arbeiterschaft, sondern vor allem auf das prinzipiell gleichberechtigte Gegenüber der Arbeitsmarktparteien beim Abschluss von Kollektivvereinbarungen; in diesem Sinne kann er als früher „Sozialliberaler“ verstanden werden. Brentano publizierte seit 1898 in unregelmäßigen Abständen Beiträge zur Sozial- und Wirtschaftspolitik in Theodor Barths Zeitschrift Die Nation und seit 1901 auch in Friedrich Naumanns Wochenblatt Die Hilfe. Obwohl er sich zunächst noch keiner politischen Partei anschloss, übte Brentano durch seine Publikationen, persönlichen Korrespondenzen und Auftritte als Gastredner bei Parteitagen maßgeblichen Einfluss auf die sozial- und wirtschaftspolitische Ausrichtung von Barths Freisinniger Vereinigung und Naumanns Nationalsozialen Verein aus. Zusammen mit Gerhart von Schulze-Gaevernitz hatte er auch entscheidenden Anteil am Beitritt der Nationalsozialen zur Freisinnigen Vereinigung; beide traten nach der erfolgreichen Fusion 1903 der Partei bei.[5] 1914 gehörte Brentano zu den Unterzeichnern des Manifests der 93, distanzierte sich aber später davon mit dem Argument, er habe den Text nicht gekannt. In der Bayerischen Räterepublik war er Wirtschaftsminister. Lujo Brentano starb am 9. September 1931 in München, wurde aber auf eigenen Wunsch in der Begräbnisstätte der Brentanos auf dem Altstadtfriedhof in Aschaffenburg beigesetzt. Nachwirkung Sein Einfluss auf die Soziale Marktwirtschaft und auch persönlich auf die führenden Politiker der Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland (Theodor Heuss war sein Student und Doktorand) ist nicht zu unterschätzen. Einer seiner Studierenden, der Japaner Fukuda Tokuzo (Familienname Fukuda, 1874–1930, ab 1898 dreijähriger Deutschlandaufenthalt, später Professor an der Handelshochschule Tokyo, der heutigen renommierten Hitotsubashi-Universität, sowie an der Keio gijuku Universität) brachte Teile seiner Lehre nach Japan, wandte sich gegen den Einfluss des Marxismus in den entstehenden Sozialwissenschaften und leistete sich in diesem Zusammenhang eine berühmte Theoriedebatte mit Kawakami Hajime über das Wesen des Kapitalismus. Brentanos Einfluss liegt aber mehr in seiner Funktion als Lehrer und Sozialreformer denn als Wirtschaftswissenschaftler. Seine im hohen Alter geschriebene Autobiographie (1931, s. u.) ist vielleicht sein bekanntestes Werk.

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